Alltagssituationen

Die Allergie bestimmt nicht unser Leben!
Wir bestimmen unser Leben mit der Allergie!

Alltagssituationen: Grundregeln für Kinder mit Erdnuss- und Baumnussallergien

Es ist wichtig, dass wir unsere Kinder von klein auf im Umgang mit der Allergie schulen, damit dieser Umgang für sie selbstverständlich wird und sie nach und nach selbstständig ihr Leben meistern können. Was bei kleinen Kindern, die alles in den Mund stecken, noch unmöglich scheint, wird nach und nach zur Normalität:


  • IMMER das Notfallset dabei haben

  • LESEN: nur Lebensmittel essen, die von den Eltern (ggf. anderen „allergiekompetenten“ Erwachsenen) nach dem Lesen der Zutatenliste als „sicher“ freigegeben werden (bei lesefähigen Kindern: Produkte, bei denen aufgrund der Zutatenliste eindeutig klar ist, dass das Lebensmittel „sicher“ ist)

  • Hände waschen vor dem Essen (um die Übertragung eventueller Allergenspuren auf das eigene Essen zu vermeiden)

  • kein Geschirr, Besteck, Trinkhalme, Mundstücke etc. mit anderen teilen (Kreuzkontamination)

  • keine Küsse auf den Mund (bzw. sicherstellen, dass der „Kusspartner“ zuvor keine erd-/nusshaltigen Produkte gegessen hat)

  • bei Gefahr durch Erd-/Nussprodukte auf Abstand zum Produkt gehen und einen Erwachsenen um Hilfe bitten

  • „NEIN“ sagen lernen, auch gegenüber erwachsenen Autoritätspersonen, die versichern, dass „da schon keine Nüsse drin sind…“

Die Einhaltung dieser Grundregeln wird bei allen folgenden Aktivitäten vorausgesetzt.

Außer-Haus-Situationen

Egal, warum oder für wie lange man das Haus verlässt: Das Notfallset gehört IMMER zum Kind – auch wenn man nicht plant etwas zu essen!
Außerdem hat es sich bewährt, immer eine „sichere“ Süßigkeit in der Tasche zu haben, damit das Kind sich in Situationen, in denen überraschend Süßigkeiten verteilt werden, nicht ausgeschlossen fühlt.

Als Nicht-Betroffener hat man keine Vorstellung davon, welch einen Stress das unbedachte Verteilen von Süßigkeiten bei allergischen Kindern und deren Eltern auslöst. Erst mit der Allergie ist uns bewusst geworden, wie häufig Süßigkeiten selbstverständlich in alle möglichen Aktivitäten, die eigentlich nichts mit Essen zu tun haben, einbezogen werden…

Verabredungen mit Freunden, Übernachtungen, Kindergeburtstage etc.

Klar: Das Notfallset gehört IMMER zum Kind! Bloß: Was nützt das, wenn es niemand anwenden kann?
Also müssen auch die Eltern von Freunden im Umgang mit der Allergie und dem Notfallset regelmäßig geschult werden. Bei guten Freunden, mit deren Eltern man sowieso regelmäßig Kontakt hat, sollte es mit der Zeit unproblematisch sein, „sichere“ Süßigkeiten und sonstige Lebensmittel abzusprechen.

Bei Verabredungen und Geburtstagseinladungen von Kindern, zu denen man sonst keinen oder wenig Kontakt hat und deren Eltern nicht geschult sind, ist es wichtig, die Eltern über die Gefahr der Allergie zu informieren und ihnen eine Schulung anzubieten, aber dem Kind ggf. eigenes Gebäck und eigene Süßigkeiten mitzugeben und selbst vor Ort zu bleiben, falls die Eltern die Anwendung des Notfallsets ablehnen. Ab einem gewissen Alter, je nach der individuellen Entwicklung und Reife, können die betroffenen Kinder und ihre Freunde selbst im Umgang mit dem Notfallset geschult werden.

Hobbys: Sportvereine, Musikschule & Co.

Alles ist möglich – unter Einhaltung der Grundregeln! Auch hier müssen Trainer, Betreuer und Lehrer informiert und geschult werden. Mit einer Haftungsausschlusserklärung bestätigen die Eltern dem jeweiligen Betreuer, dass er im Notfall die Medikamente anwenden darf und keine Haftung für die Behandlung übernimmt.

St. Martin, Halloween, Nikolaus, Advents- und Weihnachtszeit, Karneval/Fasching, Ostern…

…das ist der Ablauf der Süßigkeiten-Hochsaison zwischen November und März/April. In dieser Zeit ist die Süßigkeitenzufuhr von außen besonders hoch. Natürlich können auch erd-/nussallergische Kinder mit ihren Laternen von Haus zu Haus gehen oder am Karnevalszug stehen und Süßigkeiten sammeln. Sie dürfen bloß das meiste davon nicht essen.

Eine Idee für kleinere Kinder ist die Wechsel-Hexe (englisch: Switch-Witch): Jede einzelne Süßigkeit, die nicht gegessen werden kann, wird über Nacht von der Wechsel-Hexe gegen eine „sichere“ Süßigkeit ausgetauscht. Das gleiche gilt für die zahlreichen Schoko-Nikoläuse und -Osterhasen, die die Kinder im Laufe der Zeit angeboten bekommen.

Ausflüge: Kino, Theater, Museum etc.

…sind natürlich möglich. Eine bestehende Sorge dabei sind erd-/nusshaltige Snacks, die von anderen Menschen verzehrt werden. Auch hier helfen gute Vorbereitung und Kommunikation: Im Kino bietet es sich z.B. an, einen Sitzplatz am Rand zu wählen. Armlehnen etc. können mit Feuchttüchern abgewischt werden, um eventuelle Erdnussspuren zu beseitigen.

Auswärts essen

Essen gehen ist grundsätzlich möglich, wenn man bestimmte „erd-/nussverdächtige“ Speisen von vornherein meidet und am besten mit dem Koch selbst abspricht, welche Speisen mit welchen Zutaten auf welche Art und Weise zubereitet werden. Hierbei können auch Restaurantkarten helfen, wie sie z.B. vom DAAB angeboten werden.
Leider ist das Personal in Restaurants noch immer kaum über Nahrungsmittelallergien informiert, obwohl Restaurants die Zutaten ihrer Speisen seit Dezember 2014 deklarieren müssen.
Abzuraten ist von Restaurants mit afrikanischer, asiatischer/chinesischer, mexikanischer, indischer Küche, da dort oft Erdnüsse oder Nüsse verwendet werden. Auch Eisdielen sind bei Baumnussallergien gefährlich, da Eissorten mit Nüssen neben anderen Eissorten stehen und alle mit dem selben Löffel abgefüllt werden – die Gefahr der Kreuzkontamination ist also sehr hoch. Bei reiner Erdnussallergie lässt sich je nach Eisdiele die Gefahr der Kreuzkontamination klären, da nicht überall erdnusshaltiges Eis verkauft wird.

Babysitter

…müssen ebenfalls gut geschult sein, d.h. sie müssen genau wissen, was sie dem Kind zu essen geben dürfen und was nicht, wie sie sich außer Haus mit dem Kind verhalten, woran sie eine allergische Reaktion erkennen und wie sie im Notfall handeln sollten. Da es für alle Eltern und insbesondere für Anaphylaxie-Eltern enorm wichtig ist, etwas für sich selbst zu tun und z.B. entspannt und „ganz normal“ Essen zu gehen, lohnt es sich unserer Ansicht nach, einen guten, verlässlichen Babysitter zu suchen!

Urlaub

Was jeder Einzelne unter Urlaub und Erholung versteht, ist individuell sehr verschieden.
In erster Linie bieten sich natürlich Selbstversorgerkonzepte an, d.h. Ferienwohnung/-haus oder Camping. Hier hat man die Möglichkeit, seine eigenen Lebensmittel mitzubringen und garantiert „sicher“ zu essen. Beim Urlaub in Deutschland bekommt man bei allen gängigen Supermarktketten die vertrauten Produkte.

Wer sich für Hotel- oder Cluburlaub entscheidet, sollte vorab unbedingt mit dem Gastgeber Kontakt aufnehmen und abklären, inwieweit eine allergenfreie Kost angeboten werden oder ggf. eigenes Essen mitgebracht und zubereitet werden kann. Manche Hotels bezeichnen sich selbst als „allergikerfreundlich“ oder sind sogar als „allergiefrei“ zertifiziert – doch VORSICHT: Viele beziehen sich dabei lediglich auf Hausstaub- und Tierhaarallergien oder Laktoseintoleranz! Auch bei solchen Hotels gilt: Immer vorher nachfragen!

Das gleiche gilt für Urlaub im Ausland. Hier kommt es darauf an, die Bezeichnungen für Erd-/Nüsse und erd-/nusshaltige Zutaten in der jeweiligen Landessprache zu kennen und sich im Notfall verständigen zu können. Die o.g. Restaurantkarten gibt es auch in verschiedenen Sprachen. Die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel ist in EU-Ländern einheitlich geregelt; außerhalb der EU sollte man sich vorab informieren.

Wer mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegt, sollte vor der Buchung Kontakt mit der Fluggesellschaft aufnehmen bzw. spätestens beim Einchecken erfragen, inwieweit ein erd-/nussfreier Flug oder zumindest eine erd-/nussfreie Zone gewährleistet werden kann, um eine anaphylaktische Reaktion während des Fluges zu vermeiden. Die Gefahr durch Allergenpartikel in der Luft erscheint relativ gering, allerdings sollte man die Armlehnen und den Klapptisch feucht abwischen und ggf. ein Tuch/Kinderbettlaken über den Sitz legen, um eine Spurenübertragung mit den Händen zum Mund zu vermeiden. Für den Flug benötigt man i.d.R. eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit des Autoinjektors. Manche Hersteller bieten entsprechende Vordrucke in englischer Sprache an, die der Arzt nur noch abstempeln und unterschreiben muss.

Ein weiterer Aspekt, der eine Rolle spielt, ist die medizinische Versorgung vor Ort, d.h. kann meinem Kind im allergischen Notfall geholfen werden oder muss ich eine halbe Stunde auf einen Krankenwagen warten? Wie lautet die Notrufnummer im Ausland? Was sage ich ggf. in der Landessprache, um den Notfall zu melden? Wenn all dies im Vorfeld geklärt ist, sollte ein entspannter Urlaub möglich sein.